Der Lattenzaun – Eine Metapher

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Der Lattenzaun – Eine Metapher

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Stellen wir uns einmal folgende Möglichkeit vor:

Wenn die Seele in diese Welt hineingeboren wird, lernt sie einen Begleiter kennen, nämlich das „kleine Ich“ (Ego). Zunächst freunden die beiden sich vorsichtig an und klären ihre Zusammenarbeit: Das Ego wird für die Wahrnehmung via Sinnesorgane zuständig sein (wobei es die neurophysiologischen Strukturen des Körpers nutzt), während die Seele eine eigene Wahrnehmungsfähigkeit besitzt, die allerdings außerhalb der sogenannten fünf Sinneskanäle operiert. Im Optimalfall kann die Seele die Augen, Ohren usw. des Egos mitbenutzen, während sie dem Partner ihre speziellen Wahrnehmungen ebenfalls zugänglich macht.

Außerdem ist das „kleine Ich“ zuständig für den Verstand sowie für alle „normalen“ Gefühle (mit physiologischer Basis), von denen die Wissenschaftler sagen, sie entstehen durch neuronale und hormonelle Prozesse.

Die Seele hingegen ist für die „zweite Intelligenz des Herzens“ zuständig, d. h. für die bedingungslose Liebe (dazu gehört auch: wirklich verzeihen können).

Wenn die freundliche Kooperation von Seele und Ego klappt, dann entsteht in diesem Körper eine analytisch wie kreativ fähige „Persönlichkeit“, die ein sinnvolles, erfolgreiches und zufriedenes Leben führen kann.

Soweit die Theorie. In der Praxis wird jedoch die anfänglich gute Zusammenarbeit bald getrübt. Die Seele merkt nämlich nach einer Weile, dass zunehmend Störfaktoren erscheinen. Diese Fremdkörper behindern das FREIE Ausströmen der bedingungslosen Liebe.

„Was sind das für Dinger?“, fragt die Seele. Das Ego sagt:

„Das sind Programme, Prägungen, Überzeugungen, Standpunkte und Blockaden.“

„Programme, Prägungen?“, fragt die Seele verwundert, „wie meinst du das?“

Na ja, ich muss uns beide ja draußen in der Welt vertreten, und dort gelten bestimmte Spielregeln, wie man sich verhalten muss, wenn man von anderen akzeptiert werden will.
Jede Spielregel wird mir so lange einprogrammiert, bis ich sie kapiert habe.

Jedes Programm ergibt eine Latte an diesem Lattenzaun.

„Kannst du mir ein Beispiel geben?“, will die Seele wissen.

„Klar! Also, wenn einer der großen Leute mit dir reden will, dann darfst du nicht etwa weiterspielen, du darfst auch keine Sache beenden, weil die großen Leute nie auf Kinder warten. Du musst immer sofort verfügbar sein und ernst und aufmerksam schauen. Das ist so eine Spielregel, und wenn ich die nicht einhalte, dann liebt man uns nicht, verstehst du?“

„Ah!“, sagt die Seele, „und wie lautet die Spielregel genau?“

„Wenn du klein bist, darfst du große Leute nicht unterbrechen, wenn sie mit etwas beschäftigt sind. Nur umgekehrt.“

„Und die Blockaden, Überzeugungen, Standpunkte?“

Das sind die Querbalken. Die sollen dafür sorgen, dass dein Licht nicht in Bereiche vordringt, wo es nicht gewünscht wird.“

„Wie könnte bedingungslose Liebe irgendwo unerwünscht sein?“, wundert sich die Seele.

„Na ja“, erklärt das Ego, „leider ist das weit häufiger der Fall, als du denkst. Wenn ich z. B. etwas angestellt habe, was den großen Leuten nicht passt, dann erwarten sie jetzt, dass ich zerknirscht reagiere. Sie wollen Schuldgefühle von uns, aber keine bedingungslose Liebe. Die würde sie völlig aus dem Tritt bringen, wenn sie gerade schön am Schimpfen sind. Das leuchtet dir doch sicher ein, oder?“

Da es in der Natur der bedingungslosen Liebe liegt, nichts „schlecht“ oder „falsch“ zu finden (das ist schließlich die Rolle, für die das „kleine Ich“ durch die Umwelt erzogen wird!), akzeptiert sie diese und alle nachfolgenden Erklärungen des Ego, z. B. eines Tages:

„Ich bin geschäftlich sehr erfolgreich. Stell dir ein Meeting mit lauter hart gesottenen Businessleuten vor, wenn es um Geld und Konditionen geht. Da brauche ich alle meine Fähigkeiten, um sicherzustellen, dass mich niemand betrügt. Die Menschen sind ja so schlecht, und wenn du nicht furchtbar aufpasst … Na ja, da kann ich weiß Gott keine bedingungslos-liebevollen Blicke brauchen, die würden das sofort ausnützen …“

Die Seele versucht zwar, dem „kleinen Ich“ den Unterschied zwischen Stärke durch Liebe und scheinbare Stärke durch Härte zu erläutern, aber sie spricht sehr leise, und das Ego hat sich inzwischen einen ziemlich lauten Monolog angewöhnt, der endlos erklärt und rechtfertigt …

Und so entstehen im Laufe der Zeit mehr und mehr Latten, und die Querbalken werden dicker und dicker, sodass es eines Tages kaum noch Zwischenräume gibt. Nun wird aus dem Lattenzaun eine Art „Mauer“, und so wird der Wohnort der Seele zum Gefängnis.

Sie kann noch alles wahrnehmen, aber die „Mauer“ blockiert das Aussenden der bedingungslosen Liebe. Diese gleicht einem wunderbaren weißen Licht, welches eingekerkert innerhalb der „Mauer“ so hell wie eh und je scheint, aber es dringt nur wenig (durch kleine Ritzen) nach außen.

Quelle: Mitschrift eines Seminars bei Vera Birkenbihl

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